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Duckvorbehandlung für den Textildruck

Welche Vor- und Nachbehandlungen sind beim Textildruck in den verschiedenen Technologien gebräuchlich? Was ist für einen Digitaldruckdienstleister sinnvoll? LARGE FORMAT-Autor Stephan Geitel gibt einen Überblick.

Digital bedruckter Kimono vor Mimaki-Drucker
Welche Nachbehandlung ein Textildruck benötigt, hängt von der späteren Ver­wendung ab – bei Bekleidung ist sie meist aufwendiger als bei Soft-Signage-Anwendungen. Foto: S. Angerer 

Was ist eigentlich die immer wieder angesprochene Druckvorbehandlung von Textilien? Warum werden für den digitalen Textildruck die Stoffe immer vorbehandelt? Diesen Fragen müssen sich Neueinsteiger in den Textildruck immer wieder stellen. Fakt ist: Nicht nur der digitale, auch der „normale“ analoge Textildruck erfordert eine Vorbehandlung der Bedruckstoffe. 

Ohne Vorbehandlung kein (Digital-)druck

Die Vorbehandlung des Bedruckstoffes dient zum einen dazu, die Oberfläche so zu gestalten, dass der berührungslose Digitaldruck ohne Probleme durch hervorstehende Fasern oder Fäden vonstattengeht. Auch muss dafür gesorgt werden, dass der Warentransport von flexiblen Medien verzugsfrei und stabil läuft. Über die Druckvorbehandlung wird das Medium für den folgenden Druckprozess vorbereitet, d. h. die den Garnen anhaftenden Schlichten und Öle werden beim Entschlichten entfernt und es werden u. U. oberflächlich abstehende Fasern durch das Sengen entfernt. Der Stoff wird ge­waschen, gebleicht, optisch aufgehellt oder gar gefärbt, bevor er getrocknet und durch Thermo­fixierung stabilisiert wird. 

Zum anderen werden in der Druckvorbehandlung für den Digitaldruck alle für die Fixierung der Farbstofftinten notwendigen Hilfsmittel aufgetragen. Im analogen Siebdruck mittels Flach- oder Rotationsschablonen könnte bereits gedruckt werden, da hier weitere nötige Zutaten wie Verdickungsmittel, Hilfsmittel und Chemikalien über die Druckpaste aufgetragen werden. Im Digitaldruck ist dies nur bedingt möglich, da das Tropfenvolumen sehr begrenzt ist und in erster Linie den gelösten Farbstoff auf das Substrat befördern soll. Also müssen alle weiteren für den Druckprozess erforderlichen Hilfsmittel zuvor auf den Stoff aufgebracht werden. 

Die richtigen Chemikalien für die Drckvorbehanldung

Welche Vorbehandlung die richtige ist, das muss nach Faser- und Tintenkombination festgelegt 
werden: Der Reaktivdruck auf Cellulosefasern wie Baumwolle, Leinen oder Viskose erfordert einen Alginat-Verdicker für die Egalität und den Konturen­stand, Alkali- und Harnstoff für den Fixierprozess, während beim Druck mit Säurefarbstoffen auf 
tierische Fasern wie Wolle, Seide oder auch auf Polyamid mit Kernmehlderivaten als Verdicker und Essig- oder Ameisensäure für die Fixierung ge­arbeitet wird. Auch beim Druck mit Dispersionstinten auf Polyester wird zuvor als Verdicker ein Kernmehlether aufgetragen. Sogar für den Subli­mationsdruck mit Transferpapieren auf Polyester werden die Stoffe vorbehandelt: von schwer­entflammbar bis antibakteriell reichen hier die Ausrüstungen. Pigmenttinten können u. U. auch ohne eine spezielle Vorbehandlung brauchbare Ergebnisse liefern, jedoch ist mit Einbußen in Farbtiefe, Leuchtkraft und in der Farbechtheit zu rechnen. 

Ungleichmässige Vorbehandlung wird erst nach dem Druck sichtbar

Die optimale Vorbehandlung ist immer die Voraussetzung für einen ordentlichen Druck. Probleme in der Vorbehandlung tauchen leider immer wieder auf und sind oft während des Druckens, meist aber erst nach dem Druck, bzw. der Fixierung zu sehen. Der Stoff läuft dann etwa nicht fadengerade, oder die Web- und Warenkanten stehen hoch. Hervor­stehende Fasern oder Knötchen wischen unter dem Druckkopf entlang und es kommt zur Tropfen­bildung. Unifarbene Bereiche sind streifig oder 
uneben. Der Konturenstand oder Durchdruck schwankt von der Mitte zu den Seiten. Ein egales Druckbild ist nicht möglich. Alle diese Erscheinungen lassen auf eine fehlerhafte Druckvorbehandlung des Stoffes schließen.

Die Fixierung der Farbstoffe ist je nach Faser-Farbstoff-Kombination unterschiedlich. Danach muss der im Bedruckstoff verbliebene überschüssige, weil nicht fixierte Farbstoffrest und auch die Überbleibsel der zuvor aufgebrachten Vorbehandlungschemikalien wieder entfernt werden. Das geschieht mittels einer Drucknachwäsche, die natürlich auch von der Faser-Farbstoff-Kombination abhängt. Nach dem Trocknen ist das Druckergebnis fertig und der Stoff kann weiterverarbeitet werden.

Finishing für höchste Qualität

Um dem Textil zusätzliche gewünschte Eigenschaften in Richtung Qualität, Griff oder Funktionalität zu geben, ist als letzter Prozessschritt ein textiles Finish erforderlich. Zu den qualitätsverbessernden Maßnahmen gehören u. a Easycare, Bügelfrei oder 
Sanforisieren, während optische und haptische 
Effekte durch Weichmacher, Kalandern oder Tumblen erzielt werden können. Die funktionalen Anfor­derungen wie wasser- oder schmutzabweisend, schwerentflammbar, antistatisch oder antibakteriell können ebenfalls durch entsprechende Ausrüstungsschritte erfüllt werden. Oftmals werden aber auch schon Top-Coatings zum Verbessern der Echtheiten aufgebracht, wodurch die Farben durch eine zusätzliche oberflächige Schutzschicht vor mechanischen oder chemischen Einflüssen geschützt werden.

Vorbehandelte Stoffe oder gar druckvorbehandelte Textilien werden insbesondere im Bereich der Polyesterfasern von verschiedenen Herstellern ange­boten. Alle Stoffe, die im Transferdruck mit Sublimationstinten indirekt bedruckt werden können, erfordern keine spezielle Druckvorbehandlung und sind somit schon „druckfertig“. Lediglich eine schwerentflammbare, antistatische oder antibakterielle Ausrüstung kann schon im Vorfeld aufgebracht werden. Im Direktdruck mit Dispersionstinten wird auch eine große Palette an druckvorbehandelten Stoffen angeboten, da die Anwendungsbereiche wie Soft-Signage, Fahnen und Banner auf standardisierten Medien arbeiten. 

Der echte Textildruck rüstet selber aus

Schon im Bereich der Heimtextilien, Damenoberbekleidung oder Sportartikel auf Polyesterbasis wird es schwierig, ein Angebot an bereits druck­vorbehandelten Stoffen zu finden, da hier eben keine Standardisierung gegeben ist. Natürliche 
Fasern wie Baumwolle, Seide oder Leinen gibt es als standardisierte, druckvorbehandelte Rollenware bislang nur vereinzelt auf dem Markt zu kaufen. Diese Artikel werden von den Textildruckern selbst entsprechend der Anforderungen vorbehandelt, bzw. zu einem geeigneten Ausrüster gegeben.

Bleibt einem also nur, die Stoffe selber auszurüsten? Wer über das nötige textilchemische Fachwissen und die entsprechenden Anlagen verfügt, kann sich hier vom Wettbewerb absetzen. Kleinere Produktions­anlagen für den Digitaldruck gibt es z. B. von Setema oder MTEX – für größere industrielle Anlagen halten die klassischen Hersteller von Textilveredlungsmaschinen Lösungen 
bereit.

Selbst die Entwicklungen im Pigmentdruck können auf unterschiedlichen Substraten mit verschiedenen Eigenschaften ohne eine Vorbehandlung keine kontrollierten Ergebnisse liefern. Kornit z. B. setzt auf eine Inline-Vorbehandlung und alle Tintenhersteller „empfehlen“ eine entsprechende Vorbehandlung der Druckware, um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen.

Somit bleibt dem Digitaldruckdienstleister zum einen, sein Portfolio an Be­druckstoffen an seine Produktionsbedingungen anzupassen und zu erweitern. Hier alleine werden sich viele neue Anwendungsgebiete ergeben, die er von der Entwicklungsphase zu neuen Produkten bringen kann. Zum anderen kann man mit relativ geringem Aufwand auf ganz anderen Substraten drucken, wenn nur in eine kleine Ausrüstungsanlage für die Vorbehandlung investiert wird. Allerdings sollte dann schon eine klare Konzeption für die Produkte und deren Anforderungen vorliegen.

Über den Autor

Stephan Geitel ist unabhängiger Berater für den digitalen Textildruck. Von Pratteln (CH) aus hilft er Unternehmen bei der Umsetzung ihrer digitalen Strategien. Der Diplomingenieur bringt langjährige Branchenerfahrung in den Bereichen Textildruck und Digitaldruck sowie Textiltinten mit. 

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