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LFP-Grundlagen: Metamerie im Digitaldruck

Andreas Kraushaar von der Fogra beleuchtet ein Phänomen der Farbwiedergabe: Metamerie. Sein Beitrag soll den Praktiker mit der für viele ererklärlichen Metamerie bekannt machen. Bei Metamerie handelt es sich keineswegs um ein neues Phänomen, das durch den Digitaldruck erst entstanden wäre. So schreibt beispielsweise das von der Druckfarbenfabrik Michael Huber München herausgegebene Magazin »Das Drucklabor« bereits 1968 über Metamerie

Metamerie: Wenn Farben nicht gleich dargestellt werden

Der Begriff »Metamerie« kommt aus dem Griechischen und bedeutet »bedingt gleich«. Wenn beispielsweise ein gelb gefärbtes Papier zusammen mit einem weißen Bedruckstoff bei gelblichem Licht betrachtet wird, so erscheinen beide Proben annähernd gleich. Die Erscheinung, dass die Papiere bei der Betrachtung mit einer Beleuchtung gleich und unter einer anderen Beleuchtung verschieden aussehen, bezeichnet man als Metamerie. Man spricht dabei von metameren Proben. Diese Erscheinung rührt, physikalisch gesprochen daher, dass die Projektion des hochdimensionalen Funktionenraumes der kontinuierlichen Spektren auf einen dreidimensionalen Farbraum (Menschen besitzen drei verschiedene Farbsinneszellen) nicht verlustfrei erfolgen kann. Spektral unterschiedliche Farbreize können beim Menschen den gleichen Farbeindruck hervorrufen. Man unterscheidet grundsätzlich die Lichtart-Metamerie und die Beobachter-Metamerie. 

Lichtart-Metamerie

Zwei Proben, die unter einer Beleuchtung (z. B. D50-Normlicht) gleich aussehen, führen bei Beleuchtungswechsel (z. B. »zu warmem« Bürolicht) zu einem Farbunterschied. Die obere Abbildung zeigt, wie verschiedenartig typische Lichtarten sein können; dies führt je nach Reflexionscharakteristik der Vorlage zu unterschiedlichen Farbreizen und somit zu unterschiedlichen Farbeindrücken.

Beobachter-Metamerie

Die Beobachter-Metamerie kennzeichnet den Fall, in dem ein Beobachter zwei Farben als identisch wahrnimmt, während ein anderer Beobachter einen Farbunterschied sieht. Die spektralen Empfindlichkeiten der Zapfenarten der Netzhaut menschlicher Beobachter und somit auch die daraus abgeleiteten Normspektralwertkurven schwanken zum Teil erheblich von Person zu Person [1]. Dazu ist von Hill [2] aus veröffentlichten Messungen von spektralen Empfindlichkeiten des primären Farbensehens menschlicher Beobachter ein Satz von 24 typischen Spektralwertkurven zusammengestellt worden. Sie enthalten sowohl den Zwei-Grad- als auch den Zehn-Grad-Normalbeobachter. Der Begriff Beobachter-Metamerie beschränkt sich nicht nur auf menschliche Beobachter, sondern bezieht beispielsweise auch Bildaufnahmegeräte wie z. B. Digitalkameras oder Scanner mit ein.

Die Abbildung verdeutlicht die Beobachter-Metamerie an einem Beispiel. Hierzu wurde ein Digitalprüfdruck mit Hilfe der ECI2002-Testtafel sehr genau an einen Offset-Druck angepasst. Mit einem Rechenprogramm wurden die Farbunterschiede zwischen dem Original (hier Offset-Druck) und der Reproduktion (hier Prüfdruck) separat für die 24 Beobachter unter der Lichtart D50 bestimmt. Die dargestellte Statistik lässt zum einen erkennen, dass für den ersten Beobachter eine sehr gute Übereinstimmung erzielt wird. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn es handelt sich hierbei um den in der Druckindustrie vorgeschriebenen »1931 2° Normalbeobachter«, für den die Reproduktion nach ICC (International Color Consortium) definitionsgemäß durchgeführt wurde. Die Analyse der weiteren Beobachter zeigt eine deutliche Schwankungsbreite, wobei die Mittelwerte um mehr als das Doppelte voneinander abweichen. Dies kann zur Erklärung des Effektes bei der Farbabmusterung herangezogen werden, dass es immer wieder Beobachter gibt, die eine größere Farbabweichung als andere sehen. 

Metamere Farbabweichungen treten nur auf, wenn die zu vergleichenden Farben mit verschiedenen farbgebenden Mitteln hergestellt wurden. In der Druckindustrie gibt es verschiedene Fälle, wo dies zutrifft. Die größten metameren Farbabweichungen treten erfahrungsgemäß dann auf, wenn Farben aus nicht-fotografischen Vorlagen zu reproduzieren sind [3]. Als Beispiel seien hier Kunstgemälde und textile Stoff- oder Lackmuster genannt. Je nach Vorlagentyp können zwei verschiedene Anwendungsfälle ausgemacht werden. 

Typische Pigmente von Druckfarben konventioneller Druckverfahren finden Verwendung in dem »Anwendungsfall 1«, in dem der Kunde den fertigen Druck nur mit dem zuvor erstellten und freigegebenen Prüfdruck vergleicht. Die Aufgabe für ein Prüfdrucksystem ist es folglich, den Offset-Druck, der an dieser Stelle stellvertretend für den Fortdruck mit Hilfe konventioneller Druckverfahren steht, so farbgetreu wie möglich nachzustellen. 

Der zweite Fall spiegelt die metameren Abweichungen zwischen der eigentlichen Vorlage, z. B. einem Foto, einem Stoff- oder sonstigen Textilmuster und dem Prüfdruck wider. Sie repräsentieren die leider immer noch nicht vermeidbaren Praxisfälle, bei denen z. B. Stoffmuster an der Druckmaschine abgemustert werden.

Berechnung von Metamerie-Effekten: der Metamerie-Index

Um metamere Abweichungen beim Vergleich zweier Farbmuster analytisch feststellen zu können, benötigt man die Spektren beider Muster. Mit den beiden spektralen Reflexionsfaktoren kann dann mit einem Rechenprogramm festgestellt werden, ob eine Vorlage und deren Reproduktion bei einer bestimmten Lichtart (z. B. D50) identisch sind oder nicht. Das Rechenprogramm kann jede beliebige Lichtart und jeden beliebigen Beobachter berücksichtigen. Ein typisches metameres Probenpaar ist in der vorherigen Abbildung dargestellt. Die blaue Linie kennzeichnet ein Echtgrau im Offset-Druck, während die rot gestrichelte Linie dem bunt aufgebauten Grau eines Prüfdrucksystems entspricht. Die Größe der metameren Farbabweichung, sprich der Farbabstand zwischen der Referenzlichtart (D50/Zwei Grad) und der zu testenden Lichtart, wird Metamerie:Index genannt. Demzufolge ist es unbedingt notwendig, bei der Angabe eines Metamerie-Indexes sowohl die Lichtarten als auch die verwendete Farbabstandsformel anzugeben.

Paramere Probenpaare

In der Praxis kann es vorkommen, dass eine Vorlage und deren Reproduktion bereits bei der gewählten Lichtart nicht absolut identisch sind, so dass sich bei Lichtartwechsel die bereits ursprünglich vorhandene Farbabweichung zur metameren Farbabweichung hinzuaddiert. Ein solches Probenpaar wird »paramer« genannt. Um die metamere Farbabweichung in Reinform zu erhalten, müssen die parameren Farbfehler für die Referenzlichtart durch ein Korrekturverfahren rechnerisch eliminiert werden. Die CIE definiert in [4] ein additives, ein multiplikatives und ein erweitertes Verfahren. 

Farbkonstanz im Digitaldruck

Eine oft mit der Metamerie verwechselte Erscheinung ist die Farbkonstanz bzw. deren Mangel (Farbinkonstanz bzw. Farbinkonsistenz). Hierbei handelt es sich um die Eigenschaft einer Körperfarbe, unter verschiedenen Lichtarten eine gleichbleibende Farbwahrnehmung hervorzurufen. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Eine nur durch die Druckfarbe Schwarz zusammengesetzte Fläche (Echtgrau) wird mit einem Digitalprüfdruck im Buntaufbau, d. h. mit den Buntfarben Cyan, Magenta und Gelb, reproduziert und anschließend unter D50 betrachtet. Begutachtet man nun den bunt aufgebauten Druck alleine unter verschiedenen Lichtarten, wird man feststellen, dass dieser seine Farberscheinung je nach Lichtart deutlich ändern kann.

Die Echtgrau-Fläche dagegen zeigt eine überwiegend neutrale Farbanmutung; sie ist wesentlich farbkonstanter. Metamerie und Farbinkonsistenz sind in der vorherigen Abbildung schematisch erläutert. Die hier vorgestellten Phänomene und Herausforderungen sind Gegenstand vergangener und aktueller Forschungsschwerpunkte der Fogra. So wurde beispielsweise vor kurzem eine Arbeit zum multispektralen Druck – »Die drucktechnische Reproduktion mit mehr als vier Farben und dem Ziel die Metamerie zu reduzieren« – abgeschlossen. Ferner arbeitet die Fogra an Methoden, die es dem Praktiker ermöglichen, Prüfdrucke zu erstellen, die – bei messtechnischer Übereinstimmung – visuell besser an den Druck angepasst sind.

Definition des Reflexionsfaktors  

Die Begriffe »Spektrum«, »Spektralfunktion« bzw. »Spektralkurve« werden heutzutage gleichbedeutend gebraucht. Hiermit ist nichts anderes als der in ISO 13655 definierte Reflexionsfaktor gemeint, der für jede Wellenlänge ermittelt wird. Es handelt sich dabei um das: »Verhältnis der in die Richtungen innerhalb eines gegebenen Raumwinkels reflektierten Strahlungsleistung (des Lichtstroms) zu der Strahlungsleistung (dem Lichtstrom), der in die gleichen Richtungen durch ein vollkommen mattweißes, in gleicher Weise bestrahltes (beleuchtetes) Medium reflektiert wird.«

Literatur

[1] WYSZECKI G., STILES W. S.:
Color Science, Concepts and Methods, Quantitative Data and Formulae, 2te Aufl. New York: Wiley, 2000, S. 278 ff., ISBN: 0-471-02106-7 

[2] BOOSMANN, T.; Hill, B.:
Estimation of Control Values for a 6-Primary Display Considering Different Observers, In: 2nd European Conference on Colour in Graphics, Imaging and Vision CGIV, Aachen, 2004, Dokumentation, S. 242-247

[3] SCHLÄPFER, K.: 
Ursachen, Messung und Behandlung von metameren Farbabweichungen zwischen Vorlage, Proof und Druck, In: Deutscher Drucker (1983), Nr. 21, S. 44 

[4] Norm CIE 15.3 : 2004
Colorimetry, Bezug: Beuth-Verlag, 10772 Berlin

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