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Druckpreise: Vorsicht vor Skonti, Boni und Rabatt

Wie konnte es dazu kommen, dass die Druckpreise seit mehr als einem Jahrzehnt in Deutschland stagnieren? Wie begegnen Druckereien dieser margenzehrenden Entwicklung, denn Löhne und Materialkosten steigen? Kann man die Papierpreissteigerungen dazu nutzen, auch höhere Druckpreise durchzusetzen? Bei der mit 200 Teilnehmern sehr gut besuchten 1. Pricing-Konferenz des Bundesverbandes Druck gab es in Frankfurt intensive Einblicke in die Gepflogenheiten der Branche. Deutlich wurde die Notwendigkeit, daran einiges zu ändern.

Das Team der Referenten, Mitarbeiter des weltweit agierenden Büros Simon, Kucher & Partners, zählt zur Championsleague im Pricing: Die Beratungsfirma ist in vielen Ländern mit Büros vertreten. Im Vorfeld des Events hatte der Verband im April 2019 etwa 185 Druckereien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Ihren Erfahrungen mit Preiserhöhungen befragt.  Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (55 Prozent) gab an, sich derzeit in einem Preiskrieg zu befinden. Nur knapp jedes zweite Druck- und Medienunternehmen (47 Prozent) beabsichtigt, seine Verkaufspreise zu erhöhen, während die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer (53 Prozent) sich dazu nicht in der Lage sieht. „Diese Entwicklung ist alarmierend, denn wer es als Unternehmer nicht schafft, trotz der Kostensteigerung ein höheres Maß an Wertschöpfung für sich zu generieren, muss um sein wirtschaftliches Überleben fürchten“, so Dr. Rainer Meckes, Executive Vice President der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners.

Preiskrieg: Angefangen haben stets die anderen!

Was die Umfrage auch zeigte: Nur 1% der sich in einem Preiskrieg befindlichen Unternehmen gaben zu, diesen auch angezettelt zu haben. Immerhin 13% sprachen davon, unabsichtlich einen Preiskrieg begonnen zu haben. Aber 86 beschuldigen den Wettbewerber, den Preiskrieg losgetreten zu haben. Der unmissverständliche Ratschlag der Pricing-Fachleute: Preiskriege bringen nichts und zerstören Profite!

Preiserhöhungen im Druckmarkt nur zu 32% realisiert!

Wie heikel die Ertragslage der Druckereien ist, zeigen weniger die Preiskriege, sondern die Fähigkeit, höhere Preise am Markt wirklich durchsetzen zu können. So konnten speziell bei den befragten Firmen der Druckbranche nur 32 % des geplanten Preiserhöhungsvolumens tatsächlich durchgesetzt werden. Bundesweiter Durchschnitt am Markt, also in allen Branchen: 67%.

Seit 2015 schrumpfen die in der Druckbranche erwirtschafteten Umsätze um jährlich bis zu 1,9% (bvdm)

Für den Fall, dass eine Preiserhöhung um 100€ beabsichtigt war, bedeutet dies in der Druckbranche, dass nur lediglich 32 € als Mehrertrag verbucht werden konnten. Referentin Lisa Jäger von Simon, Kucher & Partners.: „Wir sprachen mit Unternehmen, die eine Preiserhöhung von 0,5% planen, wenn dieser Wert dann branchentypisch nur zu 32% realisiert wird, bleibt wirklich kaum etwas übrig.“ Aufgrund der Befragung kam Jäger zu dem Schluss, dass neue Preismetriken für die Druckbranche unverzichtbar seien. Druckpreise dürften nicht nur von den Gestehungskosten ausgehend kalkuliert werden. Es gelte die Perspektive umzukehren. Bei der Preisfindung gehe es um Werte, die das Endprodukt für den Kunden darstellt. In diesem Zusammenhang verwies die Pricing-Spezialistin auf das lateinische Wert „Pretium“, das sowohl Preis als auch Wert bedeutet.

Slogan „20% auf Alles“ führte Praktiker in die Pleite

Vor Preissenkungen als strategisches Instrument der Kundengewinnung oder -bindung warnte auch Dr. Rainer Meckes. Wenn wir Unternehmen vergleichen, dann sind in den erfolgreichen die Geschäftsführer daran gegangen, die Preise zur Chefsache zu erklären. Wo der Vertrieb dies autonom handhabt, gibt es Rabatte. Welch fatale Wirkung Rabattschlachten verursachen können, habe sich am Beispiel Praktiker gezeigt. Der Slogan „20% auf alles“ führte die Firma konsequent in die Pleite.

Höhere Druckpreise mit Varianten…

Lernen könne man dagegen von den Vermarktern von Wasser. In diesem Markt-Segment werden für weitgehend identische Produkte sehr unterschiedliche Preise aufgerufen. Von Markenartiklern könne man auch lernen, dass ein aufgefächertes Produktangebot bessere Ertragschancen bietet. Beispiel Weber-Grill. Das Standard-Modell ohne den Aschefänger ist extrem knapp kalkuliert, das für jeden Verbraucher verlockende Gold-Modell ist nahezu doppelt so teuer, allerdings ist der Materialwert des teureren Produktes nur minimal höher, dafür jedoch die Marge. Meckes an die etwa 200 gespannt zuhörenden Druckfachleute: „Warum beschränken sie sich auf ein einziges Angebot. Erstellen sie Varianten. Eines, so wie der Kunde sich das vorgestellt hat und in den beiden Alternativen erarbeiten Sie für den Kunden Vorteile heraus, über deren Wert er möglicherweise bisher noch nicht einmal nachgedacht habe.“ Angesichts der aktuellen Kostensteigerungen appellierte Meckes an die Kongressteilnehmer, diese für Preisanpassungen zu nutzen – und zwar nach Möglichkeit regelmäßig. Meckes betonte: „Gehen Sie Preiserhöhungen selbstbewusst an, planen und nehmen Sie diese gezielt in Angriff.“

Wie führt man Preisverhandlungen erfolgreich?

Professionelle Preisverhandlungen haben dann den größten Erfolg, wenn man sich auf die Gespräche vorbereitet. Christoph Lesch, Senior-Direktor bei Simon, Kucher & Partners zieht Parallelen zum Sport. Erfolgreiche Trainer starten im Vorfeld eines Wettkampfes gezielte Aktionen um das eigene Team zu stärken und gleichzeitig den Gegner zu verunsichern. Wer sich auf Preisverhandlungen vorbereitet, sammelt Fakten, Argumentationsketten und bewegt sich sicher im Thema

Werden Sie darüber im Klaren mahnt Lesch, dass professionelle Einkäufer, mit denen es Vertriebsleute im Druckmarkt häufig zu tun haben, ihre Existenz damit unter Beweis stellen, dass sie den Preis drücken. Lesch: „Das ist deren Beruf, und dazu gehört es auch, das Selbstvertrauen des Anbieters gezielt zu untergraben.“

Eine erfolgreiche Strategie für Preisverhandlungen ist es, Ziele schriftlich zu formulieren, Szenarien durchzuspielen und sich mit dem Thema im Vorfeld ausreichend zu beschäftigen. Lesch: „Vorbereitung gibt jedem Vertriebsmann Stärke. Diese ist wichtiger als das berühmte gute Bauchgefühl, das schnell durch geschickte Argumentationsketten des Verhandlungspartners verschwinden kann.“

Pricing: Hebel zur Verbesserung der Ertragskraft

Schon in den Begrüßungsworten verwies Holger Busch, Hauptgeschäftsführer Verband Druck und Medien Bayern, vor den Gästen des Pricing-Kongresses auf die Notwendigkeit aktiv zu werden. Busch: „Das Thema Pricing ist ein aktiver Hebel zu Beeinflussung der eigenen Ertragskraft und so der Profittreiber Nummer eins – noch vor der Optimierung der eigenen Kostenstruktur oder der Ausweitung des Absatzvolumens. Das unterschätzen immer noch zu viele Unternehmen, gerade wenn sie in Märkten aktiv sind, die von Überangebot, Preisdruck und Austauschbarkeit geprägt sind“.

Der Pricing-Kongress wurde unterstützt vom Bundesverband des Deutschen Papiergroßhandels sowie den Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen, Hubergroup, Sappi und UPM.

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